Teil 1 „Kommunale Finanz- und Entwicklungssteuerung“.
Erklärung des SPD-Gesamtvorstands, Wolfgang Stehmer
Grundsätzlich finanziert sich eine Gemeinde in Baden-Württemberg durch Steuern, Abgaben, Zuschüsse des Landes/Bundes und Zahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Bei der Gewerbesteuer und bei der Grundsteuer hat die Gemeinde ein Hebesatzrecht und kann damit die Steuerlast erhöhen oder senken. In Hemmingen wurde die Gewerbesteuer letztmals im Jahr 2017 erhöht, die Grundsteuer B letztmals im Jahr 2018. Der kommunale Anteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer legt der Bund fest. Während die meisten Steuern kontinuierlich fließen, gibt es bei der Gewerbesteuer hohe Schwankungen. 2019 haben wir noch 7 Mio. Euro eingenommen, 2021 rechnet die Kämmerin – auch wegen Corona – mit nur noch 3 Mio. Euro. Dabei haben wir das Problem, dass die hohen Umlagezahlungen an den Landkreis und an die Region aus den Steuereinnahmen von vor zwei Jahren berechnet werden, diese aber im laufenden Jahr dramatisch sinken werden. Bei der Beurteilung des Haushaltes müssen daher mindestens zwei bis drei Jahre zusammen betrachtet werden, um ein realistisches Bild zu erhalten. Die SPD-Fraktion wendet sich dagegen, dass hohe Ausfälle bei der Gewerbesteuer durch Erhöhungen von Kindergartengebühren und Abgaben ausgeglichen werden. Meist erfolgt einer niedrigen Gewerbesteuereinnahme in zwei Jahren eine erhöhte Steuerzuweisung im Finanzausgleich.
Die Gemeindeordnung gibt den Grundsatz vor: Wer eine kommunale Leistung in Anspruch nimmt, soll auch die Kosten seines wirtschaftlichen Vorteils tragen. Sie schränkt aber gleichzeitig ein, dass die Höhe der Gebühren und Abgaben sozialstaatlich vertretbar sein müssen. Die SPD-Fraktion ist der Ansicht, dass die Erhöhung der Kindergartengebühren von 9 % jährlich sozialstaatlich nicht vertretbar ist, zumal in Corona-Zeiten die Familien hohe wirtschaftliche Einbußen haben. Wir haben auch dagegen gestimmt, als der Gemeinderat eine Konzessionsabgabe für das Wasserwerk eingeführt und den Wasserpreis um 23 % angehoben hat, obwohl hohe Gewinne aus den Vorjahren den Abgabenzahlern nicht zurückgegeben wurden. Der von den Freien Wählern und der Mehrheit der CDU getragene Beschluss kann jedoch nicht dadurch ausgehebelt werden, dass dem Wirtschaftsplan für das Wasserwerk nicht zugestimmt wird, da über die Höhe des Wasserpreises nicht im Wirtschaftsplan entschieden wird. Der CDU steht es jedoch frei, geschlossen und zusammen mit der SPD den Erhöhungsbeschluss wieder zurückzunehmen, sobald dies rechtlich möglich ist.
Letztendlich ist es immer wieder eine Abwägung, ob Änderungen im Steuerhebesatz oder bei den Gebühren und Abgaben den Steuer- und Gebührenzahlern zugemutet werden kann. Dabei müssen wir auch stets die aus früheren Überschüssen angesammelten Rücklagen- und Festgeldbestände im Blick haben. Derzeit hat die Gemeinde Hemmingen rd. 17,8 Mio. Euro bei Banken und Kreditinstituten angelegt. Diese sind noch nicht alle für künftige Aufgaben verplant.
Gemeindeentwicklung braucht Planung
Im Baubereich ist das klar im Baugesetzbuch geregelt. Es gibt den Flächennutzungsplan (FNP) als vorbereitender Bauleitplan und die gebietsbezogenen Bebauungspläne, die für das Bauen verbindlich sind. Der FNP wird zusammen mit der Gemeinde Schwieberdingen durch den Gemeindeverwaltungsverband aufgestellt. Im FNP werden die grundsätzlichen Weichen für die späteren Bebauungen, die hauptsächlichen Verkehrsflächen, Flächen für Landwirtschaft, Waldnutzung, Freizeit und Grünanlagen, sowie der Versorgungsanlagen gestellt. Die derzeitige Fassung unseres FNP wurde am 11.05.2005 verabschiedet und hatte einen Planungshorizont bis 2020. Es ist daher dringend notwendig, in naher Zukunft mit der Überarbeitung des Flächennutzungsplans zu beginnen. Wenn die CDU die Frage aufwirft, wie groß Hemmingen künftig werden soll und welche Infrastruktur dafür benötigt wird: die Antwort ergibt sich vorrangig aus dem Flächennutzungsplan.
Gemeindeentwicklung ist jedoch mehr als die Aufteilung von Flächen in der Gemeinde. Es geht darum, Ziele für das Wohnen, Arbeiten, die Nahversorgung, die soziale Infrastruktur, Naherholung, Landwirtschaft, Umwelt und Mobilität zu definieren und einen verbindlichen Umsetzungsplan im Gemeinderat zu beschließen. Die Gemeinde hat im Jahr 2011 einen Gemeindeentwicklungsprozess begonnen, der aber zuerst von der Verwaltung verschleppt und dann in den Jahren 2016 und 2017 von den Freien Wählern und der CDU abrupt abgewürgt wurde. Das Land Baden-Württemberg verlangt bei der Beantragung von Städtebaufördermittel die Vorlage eines umfassenden Stadtentwicklungskonzepts, das unter Bürgerbeteiligung entstanden ist und vom Gemeinderat beschlossen wurde. Hemmingen kann dies bis heute nicht vorweisen. Die SPD-Gemeinderatsfraktion hat 2016 und 2017 vergebens beantragt, dass der Gemeindeentwicklungsprozess wieder aufgenommen wird. Wenn die CDU jetzt grundsätzliche Fragen zur Gemeindeentwicklung geklärt haben will, rennt sie damit offene Türen ein. Wir fragen uns jedoch ernsthaft, warum sie bisher stets als Bremser bei Planungen über die künftige Verkehrsentwicklung als auch zur Ortsentwicklung aufgetreten ist.
Für einzelne Ortsgebiete stehen spezielle städtebauliche Planungen an. Es geht dabei um die Ortsmitte Hauptstraße 4 und Umgebung mit einem städtebaulichen Wettbewerb (SPD-Anträge aus 2014 und 2018) und den Bereich südlich des Bahnhofes im Rahmen des Programms „Flächengewinnung durch Innentwicklung“ (SPD-Antrag 2019). Für beide Planungen werden wir weitgehende Bürgerbeteilung fordern, weil es sich um sensible Bereiche von Hemmingen handelt.
Eine moderne Gemeindeentwicklung kann nur im Einvernehmen von Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft gelingen. Die SPD wird sich dafür einsetzen, dass dies gelingt.
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