Frauen in der Politik

(Elke Kogler; Ein Interviews aus dem Jahr 1995 und 2021)

In der SPD Hemmingen waren immer wieder Frauen aktiv. Neben den nachfolgend Genannten waren dies Heidi Lampart, Ingeborg Munz-Salzmann, Karin Brandt und die erste SPD Gemeinderätin Reinhild Buchmann. Stellvertretend hierfür hat Elke Kogler mit Angelika Friedrich (früher Bühler) – SPD-Gemeinderätin von 1984 bis 1989 – ein Interview geführt

Du warst 5 Jahre Gemeinderätin in Hemmingen. Wie hat Dein Engagement begonnen? Was hat dich dazu gebracht für diese Funktion zu kandidieren?

In dieser Zeit standen bei mir die Probleme der Jugendlichen im Vordergrund. Ich lernte deren Sorgen und Vorstellungen in vielen Gesprächen kennen. Die Jugendlichen wollten Räumlichkeiten; daraus entstand die Idee eines Jugendhauses. Aus den Gesprächen lernte ich, daß konkrete Ziele politisch auch in die Tat umgesetzt werden müssen.

Gab es noch andere Frauen die in der Politik aktiv waren?

Frauen haben sich seinerzeit nur sehr langsam in die Politik eingefunden. Sie mussten ermutigt werden, sich politisch zu äußern. In der SPD waren einige aktive Frauen, wie Marion Bantle -viele Jahre Kassiererin des Ortsvereins-, Regina Jahnke und Rita Höppner. Obwohl die Frauen vor Ort mit den Auswirkungen der kommunalen Entscheidungen kon-frontiert wurden, hielten sie sich bei der Kandidatur um öffentliche Ämter zurück. Bei den SPD-Frauen lag es dabei oft nicht am Interesse, sondern am beruflichen oder anderen Engagement (z.B. Betriebsrätin). Marion Bantle, Margitta Dillinger und Ursula Frey, um nur einige zu nennen, standen im Übrigen mehrmals auf den SPD Gemeinderatslisten.

Gab es damals Frauenpolitik? Wie reagierten die Männer?

Ich erinnere mich noch gut an meinen Vorschlag, eine Veranstaltung nur für Frauen zu organisieren. Die Wellen im Vorstand schlugen hoch. Die Männer fühlten sich ausgegrenzt. Dabei wollte ich die Frauen nur politisch informieren. Bei der Veranstaltung “Von Frauen für Frauen” mit Brigitte Adler und der Songgruppe “Rote Kehle” waren im übrigen dann doch mehr als 40 Frauen anwesend.

Konntest Du Deine Vorstellungen und Ziele im Gemeinderat durchsetzen?

Es war sehr schwierig. Es gab keine Frauen-“Lobby” und nur zwei Gemeinderätinnen. Ein kleines Beispiel dafür: Einladungen und Anreden hatten stets die männliche Form, bei gesellschaftlichen Anlässen waren immer die Frauen mitzubringen. Eine wirkliche Akzep-tanz für die Frau und ihre Vorstellungen in der Kommunalpolitik bestand nicht. Meine Arbeitsschwerpunkte waren, auch berufsbedingt, die sozialen Einrichtungen. So wurde ver-sucht, veränderte Kindergartenöffnungszeiten durchzusetzen, das Jugendhaus in seiner inhaltlichen Arbeit weiterzuentwickeln und Angebote für Frauen und die Familien zu schaffen. Nach meiner Gemeinderatstätigkeit wurde von der SPD unter meiner Betreuung ein Soziales Hearing durchgeführt, das die soziale Situation in Hemmingen beleuchtete und Forderungen für die Kommunalpolitik entwickelte.

Vielen Dank für das Gespräch.

Blick auf das Jahr 2021 mit Elke Kogler.

Die Fragen stellt die RASPEL-Redaktion

Und wie sieht es heute aus?

Im Moment sehe ich im Rat selbst kein Frauen/Männer Problem. Es geht vielmehr um Benehmen und Engagement. Tatsächlich ist das Benehmen bei den Männern oft kaum ausgeprägt. Dieses richtet sich aber sowohl gegen Männer als auch Frauen im Rat. In der Unterstützung in diesen Situationen gibt es auch keine Unterschiede. Die Frauen der anderen Fraktionen schweigen genauso wie die Männer. Die Diskussion um Vorteilsannahme der Verwaltung zeigten die weiblichen Ratsmitglieder  eine vergleichbare beleidigende Sprache und sachliche Ignoranz.

Dazu habe ich den Eindruck, dass es einigen kaum mehr möglich ist, Sache und Person zu trennen.

War das schon immer so?  

Meines Erachtens, nein. Uns Frauen im Rat ist es vor Jahren gelungen, mit dem Vorschlag, im damals neuen Baugebiet die neuen Straßen mit Frauennamen auszuzeichnen. Es sollte so das Fehlen von weiblichen Personen in den Hemminger Straßennamen etwas ausgleichen. Wir konnten so angesehene weibliche Persönlichkeiten aus Erziehung und Wissenschaft mit einem Straßennamen zu  ehren. Die Frauen, die SPD-Fraktion waren die wesentlichen Treiber. Eine kleien Freude am Rande: Der damalige CDU-Vorsitzende und Gegner der Namen im Rat, wohnte dann auch dort.

Dies ist leider heute ein kaum mehr möglicher Vorgang.

Vor welchen Herausforderungen steht die Kommunalpolitik beim Thema Gender heute?

 Unsere Gesellschaft ist heute finanziell sehr angespannt. Bei vielen ist das Geld knapp und bei weiteren sind die Wünsche so teuer, dass es eines hohen beruflichen Engagements bedarf um dies in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass nun auch Frauen oft neben dem Haushalt und der Kindererziehung nun fast ausnahmslos Arbeiten gehen. Diese Dreifach-Belastung und dazu etwas Sport, lässt dann keinen Raum für ein Ehrenamt. Dazu kommt, dass die Ratstätigkeit nicht gut beleumundet ist: Nur Streiterei… !

Und so bleiben nach wie vor auch bei der SPD für Frauen reservierte Plätze leer.

Dazu wird von den Wählerinnen den Kandidatinnen eher weniger zugetraut. Sie schneiden von wenigen abgesehen meist weniger erfolgreich ab. So ist die Zahl der Frauen im Rat seit Jahren unverändert.

Was ist zu tun?

Wir müssen weiter verdeutlichen, dass Männer sich eher weniger um soziale und erzieherische Belange kümmern. Dies ist aber in der Kommune von hoher Bedeutung. Wir sollten mit Schulungen den Mut geben sich der Sache kompetent anzunehmen. Nicht zuletzt bedarf es positiver Vorbilder, die Motivieren.

Da ist also noch viel zu tun. Wir wünschen Ihnen Erfolg!